Alwin: Wie seid ihr auf die Idee gekommen nach dem Maschinenbaustudium einen Online Outlet Store zu eröffnen?
Mischa: Mein Geschäftspartner Jannick Oberbeck wollte zuerst in die Beratung und ich stellte mir einen Engineering Job vor. Gekommen ist es anders.
Wir durchdachten gegen Ende Studium alle unsere Optionen und beim Gedanken an eine eigene Firma hat's klick gemacht. Wir sind momentan nur für uns selbst verantwortlich und haben keine weiteren Verpflichtungen - ideal für den Start.
Jannick und mich verbindet eine typische Sandkastenfreundschaft. Wir kennen uns seit über 20 Jahren und hatten zusammen während dem Maschinenbau Studium an der ETH eine WG gehabt. Die WG war übrigens das erste Hauptquartier (und Lager) von ‚Outlet of Switzerland‘.
Abbildung: Online Store mit exklusiven Marken - und guten Ratings
Unser dritter Partner hat via einem Studienkollegen zu uns gefunden. Carlo De Pascalis studierte Wirtschaft, hat in einer Webagentur gearbeitet und ein Startup der Post mitgegründet. So sind wir seit Ende 2019 zu dritt unterwegs.
Ingenieurskunst und Betriebswirtschaft: Mission Online Store
Alwin: Wie hat Euer Umfeld reagiert, als ihr nach eurem ETH Studium verkündet habt, einen Kleiderladen zu eröffnen?
Mischa: Einen Online Outlet Store! Ja zuerst war Erstaunen da. Aber wir konnten immer auf eine Grundunterstützung zählen. ‚Lämpen‘ mit Freundinnen oder Eltern hats keine gegeben und wären natürlich auch nicht hilfreich. Ich bin überzeugt, dass wir erfolgreich sind, gerade wegen den Perspektiven, die wir haben und den Skills, die wir uns angeeignet haben.
Wie hilft Euere ETH/HSG Ausbildung bei euren jetzigen Aufgaben?
Mischa: Lustigerweise programmiert der BWLer Carlo gerne und baut das Frontend. Ich fokussiere auf die Backend-Programmierung und Prozesse. Und Jannick macht den Einkauf und Verkauf mit performance Marketing.
Ich denke der Schlüssel liegt darin, dass wir wissen, was man mit Technik machen kann und wie man damit umgeht.
An der ETH habe ich gelernt durchzubeissen, auch wenn man den Durchblick noch nicht hat. Diese Fähigkeit nimmt mir die Angst vor neuen unbekannten Aufgaben. Andererseits finde ich’s wichtig jede Arbeit im Unternehmen einmal selbst ausgeführt zu haben. Mit diesen Erfahrungen und unseren analytischen Fähigkeiten bauen wir robuste und einfache Prozesse auf, damit die anfallenden Aufgaben für alle ring laufen.
Apropos durchbeissen: Bis anfangs Dezember verpackten wir jedes Päckli selbst. Am Black Friday waren das 200 Päckli an einem Tag.
Abbildung: Die Frauenkollektion wird stark ausgebaut
Unsere Chance: Im Fashion Einkauf verschätzen sich fast alle
Alwin: Wie startet man einen Online Outlet? Den Technologieteil kann ich mir gut vorstellen, aber wie kommt ihr an die Ware und wie an die Kunden?
Mischa: Die Warenbeschaffung funktioniert sehr klassisch – wir nehmen das Telefon in die Hand… Im Kleiderhandel gibt es permanent viel alte Ware, weil die Boutiquen und Retailer mindestens mit 6 Monaten Vorlauf bestellen. Die langen Zeitfenster führen dazu, dass sich alle konstant verschätzen – was uns zugutekommt.
Auf der Verkaufsseite sind wir mit ersten Facebook- und Google Kampagnen gestartet. Zu Beginn mit CHF 10.- Werbebudget am Tag. Dabei haben wir vieles ausprobiert und das, was funktioniert hat skalieren wir. Durch die schnellen ‚trial and error‘ Zyklen erreichen wir eine steile Lernkurve.
Performance Marketing steht im Zentrum unserer rein digitalen Vermarktungsstrategie – wir werten alles aus und optimieren permanent.
Technologie und spezielle Marken machen den Unterschied
Alwin: Wie unterscheidet ihr euch im Markt?
Mischa: Wir unterscheiden uns über den Preis, das Sortiment und die Effizienz. Der Preis als Differenzierungsmerkmal steht quasi im Firmennamen: Outlet.
Unser Sortiment teilt sich auf in alltägliche „Evergreens“ wie Boxershorts von Hilfiger oder CalvinKlein – hier geht’s um Effizenz im Shop. Effizienz bedeutet schnelle Ladezeiten der Website und ein simpler Check-out. Da sind wir als Techies voll im Element.
Der zweite Teil des Sortiments besteht aus Marken, die in der Schweiz im Outlet Bereich rar sind. Dazu zählen Brands wie Dsquared, Balmain oder Kenzo.
Darüber hinaus gehören wir zu den wenigen mit Online-Sortiment und Laden, die direkt das effektive Produktsortiment bewerben können. Die meisten verfügen weder über Produktdaten noch über schöne Bilder. Damit unterscheiden wir uns bei der Onlinewerbung. Mit Produktdaten und Bildern können wir zielgenau Werbung schalten und den Traffic auf das beworbene Stück im Online Store senden.
Abbildung: Digital & analog, der physische Laden in Wallisellen als weiterer Vertriebskanal
Von digital auf analog - warum?
Alwin: Was hat Euch dazu bewegt zusätzlich einen physischen Laden zu eröffnen?
Mischa: Wir erhielten immer wieder Kundenanfragen für Besuche im Lager. Kunden wollten Teile probieren oder brachten Ware für einen Umtausch direkt im Lager vorbei. Das führte dazu, dass Kunden bei uns in Unterhosen im Fotostudio herumstanden und Jeans anprobierten. Da musste eine Lösung her.
Ein weiterer Grund für den Entscheid besteht in der Vertrauensbildung. Leute sind berechtigterweise skeptisch, wenn es online günstige Markenkleider gibt.
Und schliesslich hat das Thema Umtausch den Entscheid befeuert – Retouren lassen sich in einem physischen laden optimaler handhaben. Bei einer Retoure im Onlinegeschäft hast du den Umsatz verloren, die Kosten für Werbung und Versand sind aber angefallen. Steht der Kunde hingegen im Laden, besteht eine grosse Chance, dass er noch etwas anderes sieht und kauft.
Abbildung: Grosse Auswahl - online und vor Ort, technisch integriert
Skalieren mit Fremdkapital
Alwin: Wie seid ihr auf swisspeers aufmerksam geworden?
Mischa: Via Google. Ich habe mich vor ¾ Jahren als Investor bei swisspeers Crowdfunding angemeldet, um zu schauen was bei euch geht und welche Firmen sich wie finanzieren. Ihr seid durch den wöchentlichen Newsletter immer präsent geblieben. Der Amazonhändler mit seinem Interview in eurem Blog hat den Ausschlag gegeben, das aktuelle Projekt zu starten.
Darüber hinaus verfügen wir bereits über Fremdkapitalerfahrung. Wir haben schnell festgestellt, dass unser Geschäft kapitalintensiv ist. Zu unserem Start erhielten wir von Go!mikrokredit eine Finanzierung.
Alwin: Was sind eure weiteren Pläne?
Mischa: Wir fokussieren uns auf Wachstum. Online wollen wir weiter wachsen mit Performance Marketing. Auch stationär gibt es noch Wachstumspotential, insbesondere durch eine Sortiments-Vergrösserung von Damenmode.
Später sind für uns die Optionen noch völlig offen. Zu den Möglichkeiten gehören weitere stationäre Standorte, ein Plattformansatz für die Website und Internationalisierung. Zuerst wollen wir uns jetzt aber in der Schweiz einen Namen schaffen.
Herzlichen Dank für die Einblicke in die Online Fashion Welt und viel Erfolg beim Abschluss der Kreditauktion bei uns auf der Plattform. Hier das Projekt von Mischa studieren:
