Asset-as-a-Service – Die Zukunft der industriellen Produktion?
Link zur Studie am Ende des Artikels.
Für Mobilitätsanbieter ist die Sharing Economy bereits seit einigen Jahren Realität. Viele Automobilhersteller bieten Carsharing-Services an, die es Kunden ermöglicht, Autos für kurze Zeit zu mieten und nur für die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs zu zahlen. Das Eigentum verbleibt beim Hersteller oder dem Anbieter des Dienstes. Ermöglicht werden diese Modelle durch das Internet of Things (IoT). Da die Fahrzeuge mit dem Internet verbunden sind, lässt sich das Nutzungsprofil exakt bestimmen, wodurch ein fairer Preis ermittelt werden kann.
Nun werden ähnliche Modelle in der Industrie getestet, beispielsweise vom Werkzeughersteller Trumpf oder Jungheinrich, einem Hersteller von Fördermitteln.
Pay-per-use: Datengetriebene Finanzierungsmodelle für KMU
Wie bei Firmenleasing, stellt der Hersteller das Asset dem Kunden lediglich zur Nutzung zur Verfügung, statt es ihm direkt zu verkaufen. Dank fortgeschrittener IoT-Technologie lässt sich die tatsächliche Nutzung des Assets genau ermitteln, und der Nutzer bezahlt den Hersteller basierend auf diesen Daten. Dies ermöglicht Kunden eine flexiblere Planung der Cashflows, ausserdem wird aus dem Investitionsaufwand (CAPEX - Capital Expenses) ein operativer Aufwand (OPEX - Operational Expenses).
Der grosse Unterschied zum klassischen Verkauf besteht darin, dass das Asset in der Bilanz des Herstellers und nicht mehr in jener des Kunden steht. Somit ist es auch Aufgabe des Herstellers, die Refinanzierung sicherzustellen. Deshalb ist die Rolle des Finanzierungspartners in einem AaaS-Modell zentral. Gemeinsam mit dem Hersteller werden Lösungen für die neuen Nutzungsmodelle gesucht.
Statt einer im Vorfeld festgelegten Summe verteilt sich der Umsatz nun auf viele kleinere Zahlungen über einen längeren Zeitraum, deren Summe schwer planbar ist. Und da das Asset im Eigentum des Herstellers verbleibt, trägt dieser auch das Risiko einer zu geringen Auslastung und zu geringen Umsatzes durch den Nutzer.
Passgenaue Finanzierungslösungen dank Maschinennutzungs- und Produktionsdaten
Durch Bindung der Refinanzierung an die Nutzung des Assets durch den Kunden kann das Auslastungsrisiko zwischen Hersteller und Finanzierungspartner geteilt werden. Für den Finanzierungspartner ergeben neue Ertragsmöglichkeiten und der Hersteller kann Risiken abgeben. Durch Nutzungsdaten gestützte Risikoprüfungen reduzieren Kreditrisiken. Hier bedarf es noch innovativer, datengetriebener Finanzierungslösungen.
Abhängig von der Ausgestaltung des AaaS-Modells bieten sich weitere Möglichkeiten für die Finanzierung. Ist der Hersteller nicht an der Übernahme des Auslastungsrisikos interessiert, ist auch eine Finanzierung durch den Kunden möglich. In diesem Fall erhält der Nutzer ein Darlehen vom Finanzierungspartner, welches er in Abhängigkeit von der Nutzung des Assets tilgt. Der Hersteller muss sein Geschäftsmodell nicht ändern, und das Asset verbleibt klassisch auf der Bilanz des Kunden.
Finanzierung via Special Purpose Vehicle (SPV)
Die grösste Flexibilität bietet eine Finanzierung durch ein Special Purpose Vehicle (SPV). Dieses kauft das Asset vom Hersteller und stellt es anschliessend dem Kunden gegen die nutzungsabhängige Gebühr zur Verfügung. Um gemeinsame Interessen zu gewährleisten kann der Hersteller monetär am Erfolg des SPV beteiligt werden. Gleichzeitig ist auch möglich, weitere Geldgeber wie zum Beispiel Banken und institutionelle Investoren über Fremd- oder Eigenkapital an Bord zu holen.
Zwar erlaubt dieses Modell grösstmögliche Freiheit und Gestaltungsspielraum, doch die komplexe Struktur und die damit einhergehenden Kosten zur Implementierung des Modells erfordern genügend Volumen, d.h. Assets, die so genutzt werden.
Ausblick
Asset-as-a-Service-Modelle können der nächste logische Schritt in der modernen Sharing Economy sein. Sie tragen durch effizientere Auslastung und längere Lebenszyklen nicht nur zur nachhaltigen Circular Economy bei, sondern bieten Kunden die Möglichkeit, teure Assets flexibel zu nutzen. Hersteller müssen innovative Wege finden, um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Eine zentrale Rolle nimmt hierbei die Finanzierung ein, und bietet so das Potenzial für innovative, datengetriebene Finanzierungsinstrumente.
Besonders für KMUs bieten derartige Modelle eine Chance, wir sind daher gespannt wie sich das Thema weiter entwickelt und sind auf der Finanzierungsseite in den Startlöchern.
Begriffsglossar
Asset as a Service (AaaS)
Asset-as-a-Service (AaaS)-Geschäftsmodelle werden zunehmend in verschiedenen Industriezweigen eingesetzt. Beim AaaS-Modell kaufen Unternehmen die Anlagen nicht mehr, sondern bezahlen lediglich für den tatsächlichen Gebrauch.
Internet of Thinks (IoT)
Das Internet der Dinge (IoT) beschreibt physische Objekte (oder Gruppen solcher Objekte) mit Sensoren, Verarbeitungsmöglichkeiten, Software und anderen Technologien, die sich über das Internet oder andere Kommunikationsnetze mit anderen Geräten und Systemen verbinden und Daten austauschen.
Sharing Economy
Sharing Economy ist ein Wirtschaftssystem, in dem Güter oder Dienstleistungen zwischen Privatpersonen oder Unternehmen geteilt werden, entweder kostenlos oder gegen eine Gebühr, in der Regel über das Internet.
CAPEX
Capital Expenditure (Capex) sind Investitionsausgaben von Unternehmen, um Anlagegüter zu erwerben, wie bspw. Betriebs- und Geschäftsausstattung, Fuhrpark, Maschinenpark oder Immobilien.
OPEX
Operational Expenditure (Opex) sind laufende Ausgaben eines Unternehmens für den Betrieb des Unternehmens oder eines Systems.
Special Purpose Vehicle (SPV)
Auch "Special Purpose Entity" (SPE) gennant und ist eine Zweckgesellschaft, die für einen klar definierten Betriebszweck gegründet wird.