Naturaldividenden: Wie Aktionäre von ihren Firmen verwöhnt werden
Der Artikel wird mit freundlicher Genehmigung unseres Partners schweizeraktien.net hier veröffentlicht.
Naturaldividenden sind bei ausserbörslich gehandelten Aktien oft ein wichtiger Bestandteil der Aktienrendite. Teilweise stellen sie sogar die einzige Form der Ausschüttung dar. Dies trifft sehr oft bei Bergbahngesellschaften oder den Transportunternehmen zu, welche Subventionen erhalten, wie etwa die BLS AG. Diese dürfen wegen der Subventionen keine Bardividenden ausschütten. Diese Verpflichtung betrifft allerdings nur diejenigen Geschäftsfelder, die mit Abgeltungen für die Erbringung des Transportauftrags entschädigt werden. Unternehmen, die eine separate Abrechnung der nicht abgeltungsberechtigten Sparten erstellen, wie etwa die BVZ Holding AG, können aus den Gewinnen, die in diesen oftmals sehr lukrativen Geschäftsfeldern erzielt werden, Bardividenden ausschütten. Nachfolgend stellen wir Ihnen eine nicht abschliessende Aufstellung von Unternehmen vor, die ihre Aktionäre mit ansehnlichen Naturaldividenden verwöhnen.
Von Aktionärstagen und …
Bei den Naturaldividenden gibt es zahlreiche Varianten, die oftmals zur Bindung der Aktionäre an „ihr“ Unternehmen eingesetzt werden und so ein Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen. Dies ist beispielsweise bei den Aktionärstagen von Bergbahnunternehmen der Fall. So veranstaltet etwa die Bergbahnen Adelboden AG zwei Aktionärstage pro Jahr. Von diesen können alle Aktionäre unabhängig von einer Teilnahme an der GV profitieren. So wird in den Sommer- und Wintermonaten je ein Aktionärstag durchgeführt. An diesen beiden Tagen erhalten die Aktionäre gestaffelt nach der Anzahl Aktien, die sie besitzen, folgende Vergünstigungen: bei 1 bis 24 Aktien einen Restaurantgutschein von 10 CHF, bei 25 bis 49 Aktien eine Tageskarte und einen Restaurantgutschein von 10 CHF, ab 50 Aktien eine Tageskarte und einen Restaurantgutschein von 20 CHF. Wenn man diesen Wert der Naturaldividenden dem Kaufpreis der Aktien, deren letztbezahlter Kurs bei 2.50 CHF lag, gegenüberstellt, lässt sich eine sehr hohe Rendite erzielen. Alle Aktionäre, die an der GV teilnehmen, erhalten zudem unabhängig von der Anzahl der gehaltenen Aktien ein Ticket, welches zur Benutzung der Bergbahnen am Tag der Veranstaltung berechtigt. Zusätzlich erhalten sie einen Konsumationsgutschein im Wert von 20 CHF, der gleichentags in den Bergrestaurants in Zahlung genommen wird. Die GV wird zudem am Samstagvormittag in Adelboden abgehalten, so dass den meisten Berufstätigen eine Teilnahme ermöglicht wird.
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… Konzertbesuchen
Analog den Aktionärstagen bei den Bergbahnen bieten beispielsweise Regionalbanken ihren Anteilseignern Konzerte und Theateraufführungen an, die eigens für die Aktionäre stattfinden und von diesen gratis besucht werden können. Zu nennen sind hier die Hypothekarbank Lenzburg und die Bank SLM. Gerade bei den kleineren Banken wohnt der Grossteil der Aktionäre in der Region und ist zugleich Kunde des Instituts. Oftmals erhalten die Aktionäre noch Sonderkonditionen für die Kontoführung oder einen höheren Zins auf speziellen Aktionärskonti. Alle diese zusätzlichen Angebote stellen eine Win-Win-Situation dar: Auf der einen Seite werden so die Aktionäre verstärkt an das Unternehmen gebunden, und auf der anderen Seite können die Aktionäre von ihrem Aktienengagement doppelt profitieren.
Attraktive Essensangebote
Eine sehr attraktive Art der Naturaldividende ist das Essen, welches den Aktionären nach der GV serviert wird. Während zumindest ein guter Apéro riche zum Standard an Generalversammlungen gehört, ragen einzelne Firmen mit einem Gourmetmenu in einem noblen Restaurant heraus. Hier zu nennen ist die Basler Beteiligungsgesellschaft Welinvest. Die Aktionäre erhalten einen kleinen Apéro, dem ein von edlen Weinen begleitetes Menu in einem noblen Basler Restaurant folgt. Der Wert der Naturaldividende dürfte den Wert von 100 CHF zumindest erreichen, wenn nicht übertreffen. Bei einem aktuellen Aktienkurs von 4’100 CHF lässt sich die Rendite beim Besitz von nur einer Aktie nochmals um 2.4% steigern. Unter Berücksichtigung der Finanzdividende von 250 CHF lässt sich somit eine Rendite von bis zu 8.5% erzielen.
Unterhaltungsprogramme und Gourmetmenus
Noch einen Schritt weiter gehen die Unternehmen, die ihren Anteilseignern anlässlich der GV einen mit kulturellen Angeboten verzierten Abend bieten. Prädestiniert als bekanntes Veranstaltungslokal war hier stets das Kongresshaus Zürich. Die Aktionäre wurden nach der GV zu einem Nachtessen, welches von einer musikalisch-künstlerischen Darbietung begleitet wird, eingeladen. Zusätzlich erhielten die an der Veranstaltung teilnehmenden Aktionäre eine CD des auftretenden Künstlers als Geschenk. Der Wert des gesamten Abendprogramms dürfte in der Grössenordnung von 200 CHF anzusiedeln sein. Ob diese Form der Ausschüttung allerdings zukünftig gehalten wird, ist derzeit offen. Zumindest bis 2019 dürfte die GV in einem deutlich weniger aufwendigen Rahmen stattfinden, da das Kongresshaus umbaubedingt geschlossen wird. Somit wird auch der Konsumationsgutschein von 100 CHF pro Aktionär wegfallen. Zumindest nicht ausgeschlossen werden kann die Möglichkeit, dass die Aktionäre sich auch nach dem Ende der Umbauphase mit einem weniger aufwendigen GV-Programm begnügen müssen. Damit würde das Kongresshaus dem allgemeinen Trend folgen. In den letzten Jahren haben die Gesellschaften bei den Menus, die nach der GV serviert werden, deutliche Abstriche gemacht. Die in der Vergangenheit oftmals noch offerierte Zigarre gehört ebenso wie der Verdauungsschnaps in den allermeisten Fällen der Vergangenheit an. Während das Ende der Zigarren-Ära durch das Rauchverbot stark beeinflusst wurde, geht der Verzicht auf hochprozentigen Alkohol vor allem auf Sparmassnahmen zurück. Nicht betroffen von den Einsparmassnahmen sind die Aktionäre der CasaInvest Rheintal. Das Unternehmen verwöhnt die Aktionäre im Nachgang zur GV mit einem mehrgängigen Gourmetmenu und einem Unterhaltungsprogramm.
„Volksfeste“ bei Regionalbanken
Allerdings können es sich besonders die Unternehmen, die stark in der Region verwurzelt sind und über ein treues Aktionariat verfügen, nicht leisten, die Verpflegungsangebote bei der GV zu kürzen. Hier zu nennen sind besonders die Regionalbanken, deren Versammlungen als eine Art Volksfest angesehen werden. Ein Verzicht auf ein Essen würde zu starkem Unmut führen. Eher zweitrangig für die Anteilseigner solcher Unternehmen ist die Geschäftsentwicklung ihres Unternehmens, dem sie zumeist blind vertrauen. Wie sehr dies ins Auge gehen kann, hat beispielsweise der Konkurs des renommierten Hotelunternehmens Flims Waldhaus Ressorts aufgezeigt. Aber auch weniger spektakuläre Fälle wie etwa hohe Abschreibungen bei der Spar- und Leihkasse Riggisberg infolge einer fehlgeschlagenen Expansion in neue Geschäftsgebiete wurden von den Aktionären allenfalls am Rande beachtet. Analog stellt sich die Lage bei einer Dividendenkürzung dar, die bestenfalls nur wenige Aktionäre lauthals kritisieren. Hingegen würde etwa ein Verzicht des Essens nach der GV, das im Grossraum Bern und dem anschliessenden Mittelland oftmals aus einer Berner Platte besteht, zu einem Aufruhr unter den Anteilseignern sorgen. Zu nennen ist hier etwa die Spar- und Leihkasse Gürbetal, die im Nachgang zur GV die Aktionäre zu einer Berner Platte einlädt. Selbst bei dieser verhältnismässig kleinen Bank dient die GV für die nahezu vollumfänglich aus der Region stammenden Aktionäre dazu, sich zu einem jährlichen Stelldichein zu treffen und einen geselligen Tag zu verbringen.
„Bhaltis“ nur noch wenig verbreitet
Eine in den letzten Jahren stark zurückgehende Form der Naturaldividenden bilden die Aktionärsgeschenke, welche die Unternehmen den Teilnehmern der GV als sogenannte „Bhaltis“ mit nach Hause geben. Legendär sind die blauen Koffer, welche die Aktionäre des Schokoladenherstellers Lindt & Sprüngli als Dankeschön für ihre Stimmabgabe erhalten. Bei einem aktuellen Aktienkurs der an der Schweizer Börse SIX gehandelten Titel von rund 58’400 CHF hat der Wert des Koffers, der bei rund 200 CHF liegen dürfte, nur einen geringen Einfluss auf die Rendite. Auch die Aktionärsgeschenke der weiteren Unternehmen haben mehr ideellen Wert. Doch diese werden von den Aktionären sehr geschätzt und auch gefordert. So etwa erwarten die GV-Besucher der Schaffner Holding geradezu eine Solothurner Torte als „Bhalti“. Selbst wertmässig kleine Geschenke, die sich jeder Aktionär selbst kaufen könnte, sind für den traditionellen GV-Besucher ein wichtiges Asset. Die bei einigen Unternehmen festzustellende stetige Steigerung der Teilnehmerzahl, die dazu führte, dass mitunter die Räumlichkeiten für die GV zu klein wurden, liess für die Firmen den Aufwand für die Geschenke massiv ansteigen. Während beispielsweise Lindt den Koffer als Tool zur Aktionärspflege sieht, hat etwa Swisscom vor ein paar Jahren damit aufgehört, den Aktionären attraktive Geschenke wie etwa Rucksäcke, Wanderstöcke etc., die jeweils einen Wert von rund 100 CHF aufweisen dürften, abzugeben. Lindt macht die Ausgabe des Koffers nicht mehr zwingend vom Besuch der GV abhängig. Das Unternehmen weist darauf hin, dass der Koffer ein Dankeschön für die Stimmabgabe an der GV ist. Jeder Aktionär, der abstimme – ob vor Ort an der GV oder per Post – erhalte den Koffer. Wer nicht abstimmt, geht leer aus.
Gratis-Bier bei Falken und hochwertige Schreibgeräte von Caran d’Ache
Als Beispiel eines geringen Werts, der aber sehr geschätzt wird, kann ein 6er-Pack Bier, welches die Aktionäre der Brauerei Falken alljährlich erhalten, benannt werden. Bei einem Aktienkurs von 13’500 CHF beträgt die rechnerische Rendite beim Besitz einer Aktie weniger als 0.1%. Eine deutliche Steigerung der Rendite verspricht hingegen das Geschenk, welches die Teilnehmer der Generalversammlung des Genfer Schreibwarenherstellers Caran d’Ache mit nach Hause nehmen dürfen. Sie erhalten spezielle Produkte des Hauses, die oftmals nur in limitierter Serie hergestellt werden und nicht auf dem freien Markt erhältlich sind. Deren nur sehr schwer bezifferbarer Wert dürfte jeweils deutlich höher sein als die zuletzt ausbezahlte Dividende von 110 CHF. Auf der Basis der letztbezahlten Aktienkurse von 14’000 CHF führt auch die Verdoppelung der Ausschüttungsrendite nur zu einer bescheidenen Gesamtrendite von unter 2%.
In der untenstehenden Tabelle führen wir die uns bekannten Naturaldividenden von Schweizer Aktiengesellschaften auf:
Die Naturaldividende führt oft zu einer deutlichen Steigerung der Rendite von Aktieninvestments. Problematisch dabei ist aber, dass die Aktionäre mit nur einer Aktie die höchsten Renditen erzielen. Dieser Vorteil wird durch die Courtagen beim Erwerb der Papiere und die Depotgebühren aber oftmals zunichte gemacht. Nicht übersehen werden darf, dass die Teilnahme an der GV für viele Personen, die einer geregelten Arbeit nachgehen, oftmals nicht möglich ist. Eine Ausnahme stellen hier die meisten Regionalbanken und zahlreiche Bergbahnen dar, die ihre Versammlungen jeweils an einem Samstag abhalten. Nicht zu unterschätzen sind auch die Anreisekosten, die von den Anteilseignern selbst bezahlt werden müssen. Daher erscheinen die vorgestellten Papiere in erster Linie für Personen interessant, die über genügend freie Zeit verfügen, um die Versammlungen respektive die Aktionärsanlässe zu besuchen und in nicht allzu grosser Entfernung vom jeweiligen Unternehmen wohnen.
Dieser Beitrag erschien in ähnlicher Form ursprünglich auf dem Informationsportal schweizeraktien.net, verfasst durch HOLGER GEISSLER.