Wie FinTechs das Anlageverhalten von Privatpersonen beeinflussen
Basierend auf der Theorie wurden sieben Hypothesen hergeleitet. Sie zeigen auf, inwiefern das Verhalten beim Geld anlegen von Privatpersonen durch FinTechs beeinflusst und verändert wird. Um die Hypothesen anschliessend empirisch zu bestätigen wurden mehrere Experteninterviews sowie eine online Umfrage durchgeführt.
Die Ergebnisse der Untersuchungen zu den 7 aufgestellten Hypothesen geben interessante Einblicke in die zunehmende Affiniät zu Fintech Lösungen und zu Fintech Unternehmen.
FinTech und FinTechs - ein S mit Bedeutungsunterschied
Definition FinTech |
Hingegen wird im Folgenden der Begriff FinTech verwendet, um Softwarelösungen zu beschreiben, die Innovationen in die Finanzindustrie bringen.
Der Begriff FinTechs wird verwendet, um sich auf Unternehmen zu beziehen, deren Haupttätigkeit in Entwicklung, Implementierung und Betrieb dieser Softwarelösungen besteht.
Fintech von Fintechs oder Banken
1. Hypothese: Die Bedürfnisse der Geldanlage werden von FinTechs besser befriedigt als von traditionellen Finanzinstitutionen. Dies wird zunehmend dazu führen, dass Anleger FinTech-Lösungen bevorzugen und zu diesen wechseln.
Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer gab an, dass sie zukünftig für die Geldanlage hauptsächlich auf FinTech-Dienstleistungen zurückgreifen wird. Die nachfolgende Auswertung zeigt auf, dass Anleger zukünftig vermehrt FinTech-Lösungen nutzen möchten. Ob diese von FinTechs oder von traditionellen Finanzinstituten kommen ist dabei weniger relevant. Dies ist ein Beispiel von erhobenen Daten, welche zur Bestätigung der Hypothese führt.
Abbildung: Auswertung zur Frage: «Welche Dienstleistungen würden Sie für zukünftige Investitionen nutzen?»
2. Hypothese: Anleger können mit FinTech-Lösungen im Vergleich zu traditionellen Finanzinstitutionen mehr Kontrolle ausüben. Dies führt dazu, dass sich Anleger bei der Nutzung von FinTech-Lösungen sicherer in ihrer Entscheidungsfindung fühlen.
Dadurch, dass FinTech-Lösungen oft personalisierbar sind und Anleger über ihr Smartphone 24/7 auf ihr Konto zugreifen können, fühlen sie sich in ihren Anlageentscheidungen selbstbewusster.
FinTech verschreibt die Informationshoheit
3. Hypothese: FinTech-Plattformen werden zu einer Quelle von Informationen über Anlagemöglichkeiten und Finanzwissen. Folglich ändert sich die Art und Weise, wie Anleger nach Anlagemöglichkeiten suchen und das Wissen von Privatanlegern über Investitionen nimmt zu.
Es zeigte sich, dass ein Grossteil der Anleger FinTech-Plattformen konsultiert, um Informationen über Anlagemöglichkeiten zu erhalten. Auch werden die Webseiten genutzt, um das allgemeinen Finanzwissen aufzubessern, denn für viele Personen ist das Thema Investieren noch immer eine Blackbox.
4. Hypothese: Nutzer von Social-Trading-Plattformen tauschen sich mit anderen Anlegern aus. Dies führt dazu, dass Anleger von einer neuen Bezugsgruppe, der Anlegergemeinschaft, beeinflusst wird.
Dieses Ergebnis ist nicht verwunderlich. Doch in der behandelten Theorie der Einflussfaktoren von Privatanlegern ist dieser Faktor nicht enthalten, wodurch die Notwendigkeit der Untersuchung dieses Faktors entsteht. Jüngste Beobachtungen, wie der Short Squeeze von Game Stop, zeigen auf, dass sich Privatanleger weit über FinTech-Plattformen hinweg über Foren und anderen Kommunikationsplattformen austauschen und sich gegenseitig beeinflussen.
5. Hypothese: In Krisenzeiten sind die Informationsverarbeitungskapazitäten von Privatanlegern stark gefordert. In diesen Zeiten sind Investment Management Lösungen bei Anlegern besonders gefragt.
Während Krisenzeiten überschlagen sich die Newsmeldungen in den Medien, wodurch sich private Anleger oft überfordert fühlen. Digitale Investment Management Lösungen können Anleger emotionslos durch die Krise begleiten.
Befragten Experten, die in FinTech-Unternehmen tätig sind, brachten deutlich zum Ausdruck, dass sie seit dem Ausbruch der Pandemie eine deutliche Zunahme in Hinblick auf Volumen und Nutzerzahlen verspüren. Besonders stark war diese Beobachtung im März 2020 als die Finanzmärkte zusammenbrachen.
Wie FinTechs Finance demokratisieren
6. Hypothese: FinTechs vereinfachen den Prozess der Geldanlage und machen das Investieren einer breiten Bevölkerung zugänglich. Dies führt dazu, dass mehr Privatpersonen Geld anlegen werden.
Digitale Prozesse führen dazu, dass die Eintrittshürden kontinuierlich sinken werden. FinTechs ermöglichen es, dass Anleger bereits ab 1 CHF Investitionen tätigen können. Dies führt dazu, dass mehr Privatpersonen Geld an den Finanzmärkten anlegen werden. Dieser Effekt wird durch das tiefe Zinsumfeld verstärkt. Es ist zudem zu erwarten, dass steigende Inflation und die Vorsorgelücke dazu führen werden, dass die gesetzlich vorgeschriebene Vorsorge für die Finanzierung im Alter nicht ausreichen wird und somit Personen fast schon zur Tätigung von Investitionen gedrängt werden, wenn sie ihren gewohnten Lebensstandard im Alter fortführen möchten.
7. Hypothese: FinTechs machen Investitionen für Personen mit geringem Vermögen zugänglich. Diese Personen werden einen stetig wachsenden Anteil an der Gesamtzahl der Privatanleger ausmachen.
Auswertungen zeigen auf, dass ein Grossteil der heutigen Anleger ein hohes Einkommen verfügen. Dadurch, dass FinTechs die Eintrittshürden sinken, werden zukünftig auch vermehrt Personen mit geringerem Einkommen Geld anlegen. Die Auswertung der Umfrage zeigte auf, dass Menschen mit geringerem Einkommen vor allem FinTech-Lösungen nutzen, um Investitionen zu tätigen. Anleger, die traditionelle Finanzdienstleistungen nutzen, verfügen tendenziell über ein deutlich höheres Jahreseinkommen.
Abbildung: Auswertung zur Frage: «Wie hoch ist Ihr jährliches Einkommen?»
Die Geldanlage war noch nie so einfach wie heute. Mit wenigen Klicks kann ein Konto eröffnet und das Geld angelegt werden. Es bleibt spannend was FinTech(s) in Zukunft ermöglichen wird.