Kunsteisbahnen ohne Strom & Wasser: Interview mit Unternehmer Viktor Meier
Glice führt eine Finanzierungskampagne auf der swisspeers Plattform durch. Diese dient der saisonalen Vorfinanzierung der Produktion ihrer Kunsteisbahnen. |
Von der Diplomatie zum Öko-Eissport
Fabian Birchler (swisspeers Kreditspezialist): Kannst Du uns mehr über Euer Unternehmen und Euer aussergewöhnliches Geschäftsmodell erzählen?
Viktor Meier (CEO & Mitinhaber von Glice): Eine Echt-Eisbahn, einer künstlich gefrorenen Eisbahn, benötigt pro Quadratmeter gleich viel Energie und Wasser wie ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt. Das heisst, eine olympische Eisbahn von 1‘800 m2 benötigt gleich viel Strom wie 1'800 Haushalte. Es entsteht ein riesiger Strom- und CO2-Verbrauch. Da kommen wir ins Spiel.
Ich bin ursprünglich geschulter Diplomat. Ich wollte Diplomat werden, weil mir das Internationale sehr gefiel. Ich habe aber schnell gemerkt, dass Diplomatie zu formell ist für mich.
Über Umwege gelang ich zum Unternehmertum. Ich habe in den USA bei einem Technologie-Startup gearbeitet und das gefiel mir sehr. Ich kam dann in die Schweiz zurück und habe per Zufall meinen heutigen Geschäftspartner, Toni, in einer Sendung über Erfinder auf dem Fernsehsender BBC gesehen. Toni ist Hockey-Spieler und Ingenieur. Er hat bereits einige künstliche Eisbahnen gesehen und fand das Konzept toll, aber die Umsetzung schlecht. So forschte er an einer besseren Umsetzung von künstlichem Eis.
Ich kontaktierte ihn im Nachgang zur BBC-Sendung, wir haben uns getroffen und es hat einfach „Klick“ gemacht.
Viktor Meier, CEO von Glice, vor der Glice-Kunsteisbahn am Bundesplatz in Bern. Die ökologische Eisbahn wurde ausgewählt, um den Einwohnern eine unterhaltsame Eislaufattraktion zu bieten.
Fabian: Spannend, wie eine Fernsehsendung verbinden kann und daraus ein Unternehmen entsteht.
Viktor: Es war reiner Zufall. Das Porträt dauerte nur 2-3 Minuten. Wäre ich in der Zeit aufs WC gegangen, dann hätte ich das gar nie gesehen. Wirklich ein riesiger Zufall!
Ich war schon lange sehr interessiert an ökologischen Themen und dachte mir: „Wenn ich mal etwas aufbaue, dann in diesem Bereich“. Zusätzlich bin ich sehr an Sport interessiert. Als ich den Fernsehbeitrag gesehen habe, dachte ich mir, „Hey, das ist cool, das will ich helfen aufzubauen!“
Fabian: Ihr seid dezentral und international aufgestellt – was sind deine Erfahrungen und Learnings aus dieser Organisationsform?
Viktor: Ich habe das Gefühl, dass ich gar nicht mehr anders könnte. Wir waren bereits lange vor Covid remote unterwegs.
Das Rezept besteht darin, Menschen zu finden, welche wir als 'Selbststarter' bezeichnen. Wir setzten Mitarbeiter dort ein, wo sie wirklich gut sind und in Bereichen, die sie gerne machen. Wir haben keine traditionellen Verantwortungsbereiche. Der Selbstantrieb ist der entscheidende Erfolgsfaktor in unserer Organisationsform.
Wir glauben daran, dass wenn jemand etwas gerne macht, das dann auch gut macht und Spass dabei hat. Wir messen die Menschen nicht an der Zeit, die sie arbeiten, sondern and den definierten Zielen.
Das Wichtigste ist, eine positive Teamkultur zu fördern, die Mitarbeiter sprechen bei uns von der Glice-Family.
Ich bin überzeugt, dass alles Geschäftliche via Zoom erledigt werden kann. Das hat auch einen ökologischen Aspekt, indem wir das Reisen und Pendeln reduzieren.
Wenn wir für Workshops physisch zusammenkommen, unternehmen wir auch immer etwas zusammen. Letzteres ist für unsere Firmenkultur und den Zusammenhalt entscheidend.
Eislaufen in den Tropen: Unvergessliche Kundenerlebnisse
Fabian: Euer Kunsteis ist nicht nur in nördlichen Ländern anzutreffen, sondern auch in tropischen Ländern – welches Erlebnis / welche Kundenbeziehung bleibt dir besonders in Erinnerung?
Viktor: Gute Frage! Etwas Spezielles war in unserer Anfangszeit an einem Ort in Chile ohne bestehende Eisbahn. Wir haben dort eine Eisbahn auf einem Fussballfeld aufgebaut.
Bei heissen Witterungsverhältnissen halfen uns viele Jugendliche beim Aufbau. Sie stürmten nach Fertigstellung die Eisbahn. Zu Beginn konnte niemand Schlittschuhlaufen. Aber bereits am Ende des Tages hatten sie's erblickt. Die Freude all dieser Menschen, das war riesig! An vielen anderen Orten hat sich ähnliches abgespielt.
Wir haben bereits in über 100 Ländern verkauft und installiert. Es ist jedes Mal ein Erlebnis. Wir bringen Freude, wir bringen Sport und wir bringen Menschen zusammen.
GLICE Installation in den Gardens by the Bay in Singapur
In Brasilien oder Dubai war es ähnlich. Die kennen Schlittschuhlaufen vom Fernsehen, von Hollywood-Streifen, haben es aber noch nie selbst probiert. Durch unsere Technologie demokratisieren wir diesen Sport.
Fabian: Ob es mal ein Olympia-Team aus der südlichen Hemisphäre gibt?
Viktor: Genau, aus Jamaika!
Wo Glice zum Einsatz kommt
Fabian: Wo wird Glice noch genutzt und wo können unsere Lesenden in der Schweiz Glice in der kommenden Saison "erfahren"?
Viktor: An folgenden Standorten wird Glice in der Schweiz eingesetzt:
- HC Davos Trainingscenter
- Gurmels, 520m2, Outdoor 365 Tage in Betrieb.
- Mall of Switzerland 900m2, Outdoor
- Wetterhorn, LU 160m2, Outdoor
- Märchenhotel Brunwald, 400m2, Outdoor
- Skate am Lake, Weesen, 200m2
Der HC Davos hat sein Hockey-Center mit Glice ausgestattet. Das ist aber nicht öffentlich zugänglich. Der HC Luzern nutzt unser Produkt ebenfalls.
Aktuelle Referenzen sind beispielsweise auch die Harvard University, Schloss Schönbrunn in Wien, oder der Las Vegas Grand Prix. Und die Schweizer Bobmannschaft trainiert ab Juli den Anschub auf Glice.
Diverse Autohersteller nutzen Glice für ihre Teststrecken wie etwa BWM, Volkswagen, Honda, Ford, Jeep, Jaguar. Sie müssen so nicht mehr alle Tests im Winter in Finnland durchführen, um Ihre Fahrzeuge zu testen. Das spart Zeit, Geld, CO2 und ist erst noch ganzjährig möglich. Unser grosses Ziel ist, weitere Fahrzeughersteller wie z.B. Tesla zu gewinnen.
Chancen und Herausforderungen für Glice
Fabian: Wie siehst Du die Branche? Was sind die grössten Möglichkeiten, die grössten Herausforderungen?
Viktor: Unsere Chancen basieren auf drei Megatrends.
- Erstens bietet die Dekarbonisierung der Gesellschaft und der Wille CO2 einzusparen riesige Möglichkeiten für uns.
- Zweitens besteht ein Trend hin zu mehr Sport. Menschen wollen gesünder leben.
- Und drittens wollen Menschen mehr Freizeit-Aktivitäten und werden wohl in Zukunft dank AI auch über mehr Freizeit verfügen.
Glice CEO, Viktor Meier, vor der grössten ökologischen Eislaufbahn der Welt in Mexico City
Ein weiterer Trend, der uns zugutekommt, sind Weihnachtsmärkte. Selbst in nicht-christlichen Ländern sind die Shopping-Malls voll von Weihnachtsdekorationen. Man will die Winter-Stimmung haben.
In Texas war ich auf einem Roadtrip von Stadt zu Stadt unterwegs bei 25 Grad im Winter. Jede Stadt ist voll dekoriert mit Weihnachtsbäumen. Die hatten bisher keine Eisbahnen und haben durch uns nun die Möglichkeit dazu.
Unsere grösste Herausforderung liegt in den Unsicherheiten in Bezug auf die globalen Handelsrouten, insbesondere im Mittleren Osten. Transportkosten und Transportdauer sind aktuell schwierig kalkulierbare Variablen.
Fabian: Wie hat sich das Geschäft in den vergangenen Jahren entwickelt und welche Erwartungen habt Ihr an die kommenden Jahre?
Viktor: Der Anfang war schwer für Glice. Wir waren neu auf dem Markt und mussten uns beweisen. Jedes Projekt war in der Umsetzung sehr anspruchsvoll. Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten.
Inzwischen haben wir uns einen so guten Namen erarbeitet, dass auch grosse Bahnen für mehr als CHF 100'000 über das Telefon bestellt werden. Der Verkauf läuft immer besser.
Wir haben beim Umsatz die 10 Mio.-Marke im Blick und sehen weiteres Potenzial nach oben.
Glice-Installation in Sint-Truiden, Belgien, wo die festliche Eisbahn in das Kirchenschiff einer stillgelegten barocken Kirche verlegt wurde, um dem unberechenbaren belgischen Wetter zu entgehen.
Saisonalität als Herausforderung
Fabian: Welche Herausforderungen seht Ihr bei der Vorfinanzierung der Produktion Esauerer Kunsteisbahnen?
Viktor: Wir haben zwei grosse Herausforderungen:
Einerseits die Saisonalität. 70% unseres Umsatzes erwirtschaften wir im letzten Quartal des Jahres.
Andererseits bestellen unsere Kunden immer kurzfristiger. Es gibt Kunden, die melden sich im November bei uns für eine Eisbahn für den Weihnachtsmarkt im Dezember.
Das stellt grosse Ansprüche an unsere Lieferfähigkeit und verlangt nach vorausschauender Produktion, bereit ab den Sommermonaten.
Fabian: Habt Ihr in der Vergangenheit Erfahrungen mit der Aufnahme von Krediten zur Vorfinanzierung gemacht?
Viktor: Bisher haben wir mit Banken Finanzierungen gemacht und auch Familie und Freunde stellten uns Darlehen zur Verfügung.
Gerade bedingt durch den Merger zwischen der UBS und der Credit Suisse sind wir dankbar, dass wir uns auf der Finanzierungsseite diversifizieren können und nicht nur von einem Finanzierungspartner abhängig sind. Darum sind wir nun auch sehr zufrieden, wie das mit swisspeers abläuft – sehr professionell.
Glice-Eisbahn im Rampenlicht beim Internationalen Filmfestival in der Tschechischen Republik, einem hoch angesehenen Event.
Glice und der ökologische Kreislauf: Nachhaltigkeit als Kernwert
Fabian: Ihr habt als eines der ersten Unternehmen auf unserer Plattform ein Impact-Rating von unserem Rating-Partner radicant erhalten, – das radicant SDG-Impact-Label. Durch die grossen Energieersparnisse und den tieferen CO2-Fussabdruck im Vergleich zu gekühltem Eis trägt Glice zum SDG 13 "Massnahmen zum Klimaschutz" und zum SDG 7 "Bezahlbare und saubere Energien" bei.
Exkurs Was sind SDG's? Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind eine Sammlung von 17 globalen Zielen, die 2015 von den Vereinten Nationen im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet wurden. Sie zielen darauf ab, Armut zu beenden, den Planeten zu schützen und Wohlstand für alle zu fördern. Die SDGs decken ein breites Spektrum an Themen ab, darunter Gesundheit, Bildung, Gleichstellung der Geschlechter, sauberes Wasser und Klimaschutz. Mehr zum Thema > Was ist das radicant SDG-Impact-Label? Das radicant SDG-Impact-Label ist eine Innovation im Schweizer Markt – eine Nachhaltigkeitsauszeichnung, die den Beitrag von Unternehmen zu den Sustainable Development Goals (SDGs) bewertet. Swisspeers und radicant analysieren, wie stark die Produkte und Dienstleistungen der kreditnehmenden Unternehmen die SDGs unterstützen. Das Label bietet swisspeers Investoren noch mehr Transparenz und eine detaillierte Analyse der Nachhaltigkeitswirkungen, sodass sie gezielt in Kreditprojekte investieren können, die neben einer finanziellen Rendite auch einen positiven ökologischen und sozialen Impact erzielen. Mehr Informationen > |
Viktor: Die DNA, die Idee von Glice ist die Einsparung von CO2. Das ist der Kern unserer Entstehungsgeschichte. Für jede Anerkennung dieser Arbeit und unserer Errungenschaften sind wir dankbar.
Darüber hinaus kompensieren wir die Energieaufwendungen für die Produktion der Glice-Panel. Für jedes Panel pflanzen wir einen Baum.
Wir haben berechnet, dass wir in über die Gesamtheit unserer Unternehmung bereits überkompensieren. Wir haben mehrere hunderttausend Bäume gepflanzt
Wir wollen aber noch weiter gehen. Unsere Eisfeld-Banden möchten wir aus reinen Naturprodukten herstellen lassen. Es gibt extrem coole Innovationen, die wir in allen Bereichen unserer Firma nutzen können.
Ohne den Einsatz von Wasser und Energie bietet Glice ein umweltfreundliches Eislauferlebnis, das Spass macht und nachhaltig ist.
Fabian: Siehst Du auch Hindernisse auf Eurem Pfad zu noch mehr Nachhaltigkeit?
Viktor: Eine Herausforderung mit unserem Produkt ist der Abrieb der Panels. Wir forschen intensiv daran, diesen Abrieb zu reduzieren. Zusätzlich haben wir ein Eco-Protokoll aufgebaut. Damit decken wir den Reinigungsprozess ab und die Handhabung spezieller Filter, welche mehr als 99% des Abriebs auffangen.
Der Abrieb einer Glice-Nutzung ist bereits um das 200-fache tiefer als durch das Herumlaufen mit Strassenschuhen. Es liegt uns sehr am Herzen, dass wir auch das unter Kontrolle haben.
Crowdlending für ein innovatives Unternehmen
Fabian: Wie bist Du auf swisspeers aufmerksam geworden?
Viktor: Durch einen Unternehmerkollegen wurde ich auf swisspeers aufmerksam. Wir haben gesprochen und ich habe ihm mein Finanzierungsbedürfnis geschildert. Er hat mich auf Crowdlending aufmerksam gemacht und so bin ich auf Euch gestossen.
Fabian: Herzlichen Dank für die Einblicke in Euere Unternehmung und weiterhin viel Erfolg mit Glice.
Zum Kreditprojekt von Glice auf der swisspeers Plattform →
Glice revolutioniert den Eissport mit ihren umweltfreundlichen Nullenergie-Eisbahnen. Seit der Gründung hat Glice über 3000 Eisbahnen in mehr als 100 Ländern verkauft oder vermietet. Diese Eisbahnen sparen im Vergleich zu Natureisbahnen CO2, Wasser und Energie. Top-Eishockey-Teams wie der HC Davos, Hotelketten wie das Fourseasons und sogar das Schweizer Olympia-Bob-Team vertrauen auf das Produkt von Glice. |