Digitale Unternehmensnachfolge von A-Z: Interview mit Mattia Rüfenacht
Im Titelbild: Alain Veuve (links) und Mattia Rüfenacht (rechts), Gründer von Acquify
Partnerschaft zur Digitalisierung im Unternehmensnachfolge-Markt
Anfangs September sind wir eine Partnerschaft mit Acquify eingegangen, um gemeinsam die Digitalisierung im Unternehmensnachfolge-Markt voranzutreiben
Acquify ist auf einer Mission, gemeinsam mit Partnern mehr Unternehmen in ein neues Kapitel zu begleiten. Der KMU-Marktplatz mit integriertem Prozessmanagement bietet Möglichkeiten, Übernahmen ganzheitlich und unter Einbindung aller relevanten Parteien über eine Plattform abzuwickeln.
Ich habe mich mit Mattia Rüfenacht, dem Co-founder von Acquify, unterhalten. Er gibt mir Einblicke in seinen Werdegang und die Beweggründe Acquify zu lancieren. Schliesslich hab ich Mattia gefragt, wie er mit Alain Veuve, seinem Co-founder, mit dem Company Builder betascale die Unternehmensgründung im Bereich von SaaS-Modellen industrialisieren möchte.
Mattias Weg ins Unternehmertum
Alwin Meyer: Mattia, erzähl mir, wie Dich Dein bisheriger Karriereweg zum Unternehmertum gebracht hat.
Mattia Rüfenacht: Als kleiner Junge merkte ich schnell, das Geld direkt oder indirekt alles zum Drehen bringt. Ich dachte mir, je mehr ich davon verstehe, desto einfacher wird’s. Egal, was ich dann später mal mache.
Wo also, wenn nicht auf einer Bank, lernt man am meisten dazu?! In meiner Banklehre bei der Raiffeisen habe ich tatsächlich viel gelernt. Vor allem, was ich nicht machen möchte. «Schalten» gefiel mir mehr als «verwalten».
Ich studierte im Anschluss Banking & Finance und gründete mit 3 Kollegen ein Startup in der Solarindustrie. Da bin ich erstmals richtig mit Softwareentwicklung in Berührung gekommen.
Alwin: Da wurdest Du auch mit dem Unternehmer-Gen infiziert?
Mattia: Ja, genau. Bis dahin hab ich im Arbeitsalltag häufig auf die Uhr gekuckt und gehofft, ich könne bald nach Hause gehen. Heute ist es umgekehrt.
Im Unternehmertum habe ich die Möglichkeit gefunden, mit spannenden und vor allem unterschiedlichen Menschen diverse Dinge umzusetzen, die ich tun will. Für mich bringt das extrem viel Genugtuung. Denn ich bin persönlich interessenstechnisch sehr divers aufgestellt und mag es sehr, mit anderen «schöpferisch» tätig zu sein.
Alwin: Dann hast Du Alain Veuve, Deinen Co-founder, kennengelernt und ihr habt die Firma betascale, ein «Company Builder» im SaaS Bereich, gegründet – wie kam es dazu?
Mattia: 2016 lernte ich Alain bei Accounto kennen, einem Software-Startup für autonome Buchhaltung, welches später von der Axa Schweiz übernommen wurde.
Doch erst 2019 haben wir begonnen, zusammenzuarbeiten. Zuerst bei Accounto und dann vor allem beim daraus entstehenden Startup Parashift. Einem Anbieter für intelligente Dokumentenverarbeitung mittels Machine Learning.
Nebenbei arbeiteten wir mit anderen Startups und unterstützen beispielsweise das Immobilien-Startup Fairwalter, das wir anfangs 2023 verkaufen konnten.
betascale gründeten wir im Mai 2022. Die Idee, eine unternehmerische Spielwiese zu schaffen, war nicht neu - wir hatten sie schon lange.
Abbildung: Company builders at work auf der unternehmerischen Spielwiese
Das betascale Business Modell: Eine Fabrik für SaaS Startups
Alwin: wie funktioniert das betascale Company Builder Modell?
Mattia: Unser Modell bei betascale besteht aus 4 Phasen:
- «Build the Product»
- «Fix the Product»
- «Build a Business»
- «Scale the Business».
Konkret bauen wir innerhalb von 6 bis 9 Monaten ein Startup, indem wir Ressourcen und Prozesse aus der betascale-Fabrik nutzen. Den Start finanzieren wir selbst und mitigieren erste Risiken aus eigener Kraft.
Sobald wir die ersten wiederkehrenden Umsätze von CHF 100'000 bis CHF 250'000 erwirtschaften, machen wir eine Finanzierung mit unserem Business Angels Club und bauen damit das Business.
Später, wenn es darum geht, das Business zu skalieren, arbeiten wir mit auserlesenen Partnern aus dem Venture Capital Bereich.
Du kannst dir betascale als Fabrik vorstellen, deren einziges Ziel es ist, schneller und kostengünstiger neue Softwareunternehmen zu bauen.
Der Mehrwert von Acquify: Ein ganzheitlicher Ansatz für KMU-Nachfolge
Alwin: Jetzt habt ihr in eurem Modell Acquify gestartet. Wie seid ihr darauf gekommen, dass im Nachfolgebereich Bedarf besteht?
Mattia: Alain und ich sind beide in einem KMU-Unternehmerumfeld aufgewachsen. Wir haben früh mitbekommen, wie Nachfolge funktioniert – oder eben nicht. Teilweise wurden gut laufende Unternehmen, wie z.B. kleine, aber profitable Autowerkstätten oder Baufirmen, geschlossen, weil der Aufwand, eine Nachfolgelösung zu erarbeiten, unverhältnismässig hoch war.
Auch meine Eltern haben einen relativ grossen Gastronomiebetrieb aufgebaut und durchlaufen gerade den Nachfolgeprozess. Das ist nun einmal einiges schwieriger, als eine aufstrebende «Softwarebude» zu verkaufen. Und von den über 600’000 KMU in der Schweiz fallen die wenigsten in letztere Kategorie.
Im Nachfolgemarkt ist allen klar, dass etwas passieren muss; dass das «Tooling» fehlt, mehr KMU einfach ein neues Kapitel zu ermöglichen.
Den meisten ist auch bewusst, dass es naheliegende Optionen in der Digitalisierung und der Effizienzsteigerung in den Prozessen gäbe. Denn wenn diese einfacher und günstiger werden, steigt auch die Chance bei kleineren Unternehmen für eine professionell begleitete Nachfolgelösung. Hier setzen wir mit Acquify an und arbeiten eng mit den Fachexperten zusammen.
Alwin: Ihr baut ja nicht einfach einen weiteren Unternehmensmarktplatz. Wie unterscheidet ihr euch von solchen?
Mattia: Wir decken den ganzen Prozess ab, nicht nur das Matching von Käufer und Verkäufer. Nach dem Matchmaking startet die Arbeit ja erst richtig.
Wir wollen eine offene Plattform mit einfachen Prozessen für alle involvierten Parteien werden. Für
- Käufer,
- Verkäufer und deren Treuhänder,
- M&A-Berater,
- Rechtsexperten und
- Finanzierungslösungen.
Alles mit dem Ziel, die «Unit Economics» so zu verbessern, dass auch kleinere KMU Zugang zu professionellen Nachfolgelösungen erhalten.
Abbildung: nicht nur Marktplatz sondern Prozessdigitalisierung bei Acquify
Das Konzept der Acquify-Plattform: Vom Inserat bis zum Deal-Closing
Alwin: Wie weit seid ihr mit der Acquify-Plattform Entwicklung?
Mattia: Wir sind mit der Plattform Ende Juni live gegangen und haben erste Partner und Kunden geboardet. Bereits heute decken wir den kompletten Prozess ab.
In den nächsten Monaten sind wir damit beschäftigt, bei diversen Stellen in die Tiefe zu gehen, um auch komplexe Anforderungen abzudecken. Denn wir haben M&A-Berater, die wollen mit uns perspektivisch auch grosse zweistellige Millionen-Transaktionen abwickeln können.
Alwin: Was sind die abgebildeten Prozesselemente der Nachfolgelösung auf der Acquify-Plattform?
Mattia: Neben dem Inserat fürs Unternehmen können Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihrem Partner das Information Memorandum – ein Dokument, das einen groben Gesamtüberblick zum Unternehmen gewährt – so vorbereiten, dass es für Käufer direkt nach elektronischer Unterzeichnung der Geheimhaltungsvereinbarung (NDA) einsehbar ist.
Im Anschluss geben Käufer erste Angebote in Form eines Letter of Intents (LOI) ab. Das Ausarbeiten davon erleichtern wir, indem wir einen LOI-Builder anbieten. Parteien tauschen Entwürfe untereinander aus, wie übrigens auch bei allen anderen Dokumenten, vom NDA bis zum Kaufvertrag, und tracken fortlaufend, wann wer, welche Version verschickt hat. Auch wann wer unterschrieben hat – auf Acquify kann auch eine qualifizierte elektronische Signatur vorgenommen werden - halten wir fest, so dass am Ende der Transaktion vor allem die Rechtsanwälte einen sauberen und nachvollziehbaren Überblick haben.
Abbildung: Das Konzept der Acquify-Plattform: Vom Inserat bis zum Deal-Closing
Darüber hinaus haben wir den Due Diligence Prozess mit einem Datenraum abgebildet, in dem alle relevanten Dokumente zur Bewertung des zum Verkauf stehenden Unternehmens hinterlegt werden können. Daraus lassen sich auch gleich Kreditdossiers bilden, womit Finanzierungsanfragen abgeschickt werden können.
Letztlich gibt’s noch das Deal-Closing mit Escrow-Service. Sprich, Treuhandkonto.
Alwin: Wo nutzt ihr bestehende Services von betascale, euerem Company Builder?
Mattia: betascale liefert alles rund um die Entwicklung des Produktes sowie auch Admin- und Buchhaltungs-Services. Marketing haben wir bis jetzt keines gemacht. Doch das ist der nächste Service, den wir von betascale konsumieren.
Alwin: Wie geht die Reise für Aquify weiter in den nächsten Jahren?
Mattia: Aktuell sind wir mit Aqcuify in der betascale-Modell Phase 2 «Fix the Product». Es gilt herauszufinden, mit welcher minimalen Ausprägung des Produktes wir maximale Adoption hinbekommen.
Unser Ziel ist es, den Zugang zu Nachfolge zu demokratisieren und die Nachfolge-Community im DACH-Raum näher zusammen zu bringen. Denn schlussendlich bleibt die Nachfolge und Firmenübernahme ein People Business.
Alwin: Mattia vielen Dank für die spannenden Einblicke in Eure Unternehmungen und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.