Mobilien und immaterielle Vermögenswerte als Kreditsicherheiten?
Die Hälfte aller abgelehnten Kreditanträge kleiner und mittlerer Unternehmen lassen sich auf unzureichende Sicherheiten zurückführen. Schlimmer noch, viele Unternehmen stellen erst gar keinen Antrag auf einen Bankkredit, da sie davon ausgehen, die Anforderungen an die Sicherheiten nicht erfüllen zu können.
Dies ist das Ergebnis einer im November veröffentlichten Studie zur Finanzierung von Schweizer KMUs, die vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO in Auftrag gegeben wurde. Als mögliche Lösung für dieses Problem wird darin unter anderem die Verwendung von Mobilien und immateriellen Vermögenswerten als Kreditsicherheiten vorgeschlagen.
Das Prinzip der Verpfändung ist in der Schweiz bereits weit verbreitet. Von allen KMUs, welche in den letzten 12 Monaten erfolgreich einen Bankkredit beantragt hatten, besassen mehr als die Hälfte auch eine Hypothek. Zudem ist es möglich, Forderungen aus Lieferung und Leistung zu verpfänden (Factoring / Debitorenzession). Darüber hinaus nutzen rund ein Viertel aller Schweizer KMUs Firmenleasing, vor allem für Maschinen, Fahrzeuge und IT-Ausstattung.
Besitzlose Mobiliarsicherheiten gesetzlich zulassen
Viele andere Länder sind in den letzten Jahren noch einen Schritt weiter gegangen und haben besitzlose Mobiliarsicherheiten gesetzlich zugelassen. Dadurch können auch bewegliche Güter wie Maschinen, Fahrzeuge, Lagerbestände oder (Büro-)Einrichtungen verpfändet werden. Dies ist in der Schweiz bislang nicht erlaubt, woraus sich für Schweizer Unternehmen im Vergleich zu ausländischen Rechtsordnungen Einschränkungen ergeben.
Würde sich eine derartige Finanzierung für Schweizer KMUs lohnen? Ein Blick in die Bilanzstruktur der Unternehmen bietet Aufschluss: Die Position «Maschinen und Apparate» macht durchschnittlich 9% der Bilanzsumme aus, und könnte nach einer Anpassung des geltenden Rechts als Kreditsicherheit genutzt werden.
Auch die Nachfrage ist vorhanden. Zwar ist diese Finanzierungsmethode noch recht unbekannt, doch könnten sich schon 5% aller Schweizer KMUs eine solche Finanzierung vorstellen, oder hätten sogar ein grosses Bedürfnis danach.
Besonders gross ist dieser Bedarf in der Branche Restaurants und Hotels. Ein Grossteil der Unternehmen hat jedoch auch Sicherheitsbedenken oder bezweifelt, ausreichend Mobilien für eine Kreditsicherheit zu besitzen.
Immaterielle Vermögenswerte als Sicherheiten verwenden
Nicht nur Mobilien, sondern auch immaterielle Vermögenswerte wie Patente, Rechte, Software, oder Marken könnten theoretisch verwendet werden, um Bankkredite abzusichern. Die Voraussetzungen hierfür sind, dass
- (1) an dem Vermögenswert ein Besitzanspruch festgemacht werden kann,
- (2) dieser Besitzanspruch übertragbar ist und
- (3) dass dieser Vermögenswert verwertbar ist.
Rund 10% aller KMU geben an, entweder über immaterielle Vermögenswerte zu verfügen oder Forschung und Entwicklung zu betreiben. Wenig überraschend liegt dieser Wert bei Unternehmen in den Branchen Industrie und Dienstleistung besonders hoch.
Bei etwas mehr als einem Viertel dieser Unternehmen machen immaterielle Vermögenswerte zwischen 0.1% und 5% der Bilanzsumme aus. Bei jeweils 10% der Unternehmen liegt dieser Wert zwischen 5% und 10%, beziehungsweise 10.1% und 15%. Bei 13% aller KMUs sind es sogar mehr als 25% der Bilanzsumme.
Ähnlich verhält es sich mit Forschung und Entwicklung. Der Aufwand in Forschung und Entwicklung in Prozent des Betriebsertrags liegt bei 27% der Unternehmen zwischen 0.1% und 5%, bei 19% der Unternehmen zwischen 5.1% und 10%, und bei jeweils 9% der Unternehmen zwischen 10.1% und 15%, beziehungsweise über 25%.
KMU würden von einer Rechtsänderung profitieren
Es zeigt sich also, dass die kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz hier durchaus von einer Rechtsänderung profitieren könnten. Besonders attraktiv wäre die Möglichkeit, Maschinen und Apparate als Sicherheiten zu verwenden, da sie einen der grössten Posten in den Bilanzen Schweizer KMUs darstellen. Zwar besitzt nur ein kleiner Teil aller Unternehmen immaterielle Vermögenswerte oder investiert in Forschung und Entwicklung, für viele dieser Unternehmen machen diese Positionen jedoch einen grossen Teil ihrer Bilanz beziehungsweise ihrer Aufwände aus.
Angesichts der Tatsache, dass diese Art der Finanzierung bislang nicht ausreichend geregelt wird und dementsprechend relativ unbekannt, lässt sich trotzdem festhalten, dass eine Nachfrage existiert.
Im Oktober 2021 wurde eine von der SECO in Auftrag gegeben Regulierungsfolgenabschätzung veröffentlicht und damit die Grundlage für eine Revision des Mobiliarsicherungsrechts gelegt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eine Revision aufgrund des vorliegenden Regulierungsversagen und der volkswirtschaftlichen Vorteile notwendig ist.
Die in diesem Artikel genannten Studien finden Sie hier: