Liquiditätsengpass? Denken Sie in Cashflows!
Diese Katze steigt gerade die Treppe hoch.
Bild: Pinterest
Oder doch eher runter?
Alles eine Frage der Perspektive. So ähnlich verhält es sich mit Ihren Jahresabschluss-Zahlen: was Sie aus den Zahlen herauslesen und wie Sie diese interpretieren, hängt von Ihrem Verständnis und dem Hintergrundwissen bezüglich der zugrundeliegenden Konzepte ab.
Und während Grafiken wie die oben abgebildete auf Pinterest und Reddit einen viralen Effekt auslösen und erstellt wurden, um eine optische Illusion zu erzeugen, ist die Absicht von Finanzabschlüssen, Klarheit zu schaffen.
Einige Begriffe und Terminologien können dabei verwirrend sein und werden oft miteinander vermischt, auch wenn es sich dabei um grundverschiedene Konzepte handelt.
Ein Beispiel dafür sind Umsatz und Cashflow. Wie sich die zwei unterscheiden, schauen wir uns nachfolgend an.
Was ist mit Umsatz gemeint?
Der Umsatz (der betriebswirtschaftlich korrekte Begriff ist «Einnahmen», wir bleiben nachfolgend beim umgangssprachlich verbreiteten Begriff des Umsatzes) bezeichnet das Total aller Verkäufe von Produkten oder Services in z.B. Franken, innerhalb einer bestimmten Berichtsperiode (z.B. Geschäftsjahr). Also dem Total aller Einnahmen vom 1.1. bis 31.12. Sehr simpel.
Das manchmal verwendete englische Pendant dafür ist «Revenue» - wobei hier Vorsicht angebracht ist: manchmal wird Revenue fälschlicherweise mit Gewinn gleichgesetzt. Um diese potenzielle Verwechslung zu vermeiden, spricht man deshalb auch von «Top Line Revenue» - Top Line deshalb, weil der Umsatz in der Gewinn- und Verlust-Rechnung (GUV / Erfolgsrechnung) den aller obersten Posten darstellt.
Wie unterscheidet sich der Gewinn vom Umsatz?
Der Gewinn errechnet sich, indem man vom Umsatz einer bestimmten Periode die im gleichen Zeitraum angefallenen Kosten abzieht.
Sämtliche Aufwendungen für Löhne, Miete, Wareneinkäufe etc, aber auch die «Abschreibungen», das heisst der theoretische Wertverlust der Vermögenswerte Ihres Unternehmens, werden vom Umsatz in Abzug gebracht.
Alle diese Aufwendungen listet man in der Erfolgsrechnung (Vorlage Erfolgsrechnung) fein säuberlich auf, die Zahl, die am Schluss übrigbleibt, entspricht dem erwirtschafteten Gewinn (oder Verlust, falls die Zahl negativ ist). Soweit ebenfalls simpel.
Und was ist nun der Cashflow?
Bis jetzt haben wir nur geschaut, wie hoch die Einnahmen sind, die wir erzielen, und wie viel uns davon am Schluss als Gewinn übrigbleibt. Diese Begriffe sind der Gewinn- und Verlustrechnung zuzuschreiben.
Entscheidend für das Überleben des Betriebes ist jedoch, wie hoch der «Cashflow» ist, der aus unserer Tätigkeit resultiert. Das heisst, wie viel Geld fliesst effektiv in unser Unternehmen hinein und wie viel Geld fliesst wieder heraus. Daraus leitet sich ab, wie «liquide» unser Betrieb ist.
Oft wird Liquidität bildreich mit Wasser oder Sauerstoff gleichgesetzt, ohne den kein Unternehmen überleben kann – man kann es auch in der kalten Sprache der Zahlen ausdrücken:
Liquidität ist das, was Sie benötigen, um Ihren kurzfristigen Verpflichtungen nachzukommen: Die Löhne an Ihre Angestellten pünktlich zu überweisen und die monatliche Miete sowie Ihre Lieferantenrechnungen rechtzeitig zu bezahlen.
Es gibt eine alte Binsenweisheit, die sagt, dass, wer den Cashflow im Griff habe, sich um die Zukunft seines Betriebes keine Sorgen machen müsse. Da ist gewiss was dran.
Der Cashflow, so wie er in der Geldflussrechnung dargestellt wird, ist eine Art Puls Ihres Betriebes. Abweichungen und Unregelmässigkeiten sind ein Alarmzeichen und gehören frühzeitig untersucht.
Wie unterscheidet sich der Cashflow vom Umsatz?
Der Hauptunterschied der beiden Konzepte Cashflow und Umsatz ist, was genau gemessen wird.
Bei den Einnahmen wird alles addiert, was verkauft werden konnte, egal ob die damit generierte Rechnung bezahlt wird oder nicht. Demgegenüber wird ein Verkauf bei der Berechnung des Cashflow erst dann berücksichtigt, wenn eine Rechnung auch tatsächlich bezahlt wurde.
Der Umsatz ist eine sehr eindimensionale Betrachtung: Sie verkaufen ein Produkt für CHF 50'000 und generieren damit Einnahmen von CHF 50'000. Ob und wann Ihr Kunde aber jemals bezahlen wird und wie viele Kosten für die Erbringung der Leistungen für diese 50'000 Umsatz noch anfallen werden, wird nicht berücksichtigt.
CHF 50'000 positiver Cashflow hingegen verändert Ihre Ausgangslage. Hier wurden schon sämtliche Kosten bezahlt, und wir haben die 50'000 am Ende des Tages tatsächlich als zusätzliche Liquidität in der Kasse und können diesen Betrag wieder ausgeben.
Was Ihnen der Cashflow zeigt und worüber der Umsatz überhaupt nichts aussagt ist, ob Ihr Betrieb nachhaltig und profitabel unterwegs ist.
Eine Bestellung über CHF 50'000 nützt Ihnen erstmal gar nichts, entscheidend für den Erfolg Ihres Betriebes ist, wie viel von diesen CHF 50'000 bei Ihnen hängen bleiben, oder anders ausgedrückt, wie viel Cashflow Sie damit generieren.
Die drei Dimensionen des Cashflow
- Bis jetzt sind wir vom sogenannten «operativen» Cashflow ausgegangen, das heisst, wie viel Cashflow wird durch Ihre betrieblichen Tätigkeiten (Verkauf Ihrer Produkte und Services) generiert. Diese Messgrösse ist die Wichtigste Cashflow-Messgrösse, da sie auf einen Blick zeigt, wie nachhaltig Ihr Geschäftsmodell aufgestellt ist. Aufgrund dieser Bedeutung meint man mit Cashflow in der Regel diesen operativen Cashflow.
- Liquidität entsteht (oder verschwindet) aber auch aus Investitions- und Desinvestitionstätigkeiten, beispielsweise wenn Sie nicht mehr benötigtes Anlagevermögen verkaufen (daraus resultiert dann zusätzlicher, positiver Cashflow), oder wenn Sie in Ihren Maschinenpark investieren (negativer Cashflow). Auch hier wiederum: der damit resultierende Cashflow hat Null und nichts mit Gewinn oder Umsatz Ihres Unternehmens zu tun.
- Die dritte Dimension ist der Cashflow, der aus Finanzierungstätigkeiten resultiert – hier wird der Geldfluss gemessen aus Darlehen, die aufgenommen und zurückgezahlt werden.
Kann ich Umsatz erzielen und dabei immer noch Geld verlieren?
Kurz und knapp – ja. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass gerade schnell wachsende Betriebe früher oder später mit einem Liquiditätsengpass konfrontiert werden. Warum? Weil in Phasen des Wachstums in aller Regel zuerst einmal sehr viel investiert wird, sei es in zusätzliches Personal, Auffüllung des Lagers, um das höhere Volumen bewältigen zu können oder in Marketing-Massnahmen.
Gerade in Wachstumsphasen ist es darum umso wichtiger, die Cashflow Entwicklung gut im Auge zu behalten. In den Jahresabschlüssen von wachsenden Unternehmen ist die Ausgangslage typischerweise so, dass die Umsatzzahlen steil nach oben zeigen, der Cashflow sich jedoch gleichzeitig negativ entwickelt. Nochmals: Umsatz trägt zum Überleben eines Betriebes erstmal überhaupt nichts bei, solange damit kein positiver Cashflow generiert werden kann.
Fazit: In Cashflows denken & handeln
Die Konzepte Cashflow und Umsatz / Einnahmen richtig zu interpretieren ist absolut essenziell für das Überleben jedes Unternehmens. Denken Sie an die optische Täuschung mit der Katze. Lassen Sie sich von Umsatzzahlen nicht blenden, sondern denken und planen Sie in Cashflows.
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