Auf eine Tasse Kaffee mit Kaffeebauer & -händler Thomas Schwegler
Vom Alpenland in die Höhen der Anden
Fabian Birchler: Thomas Schwegler, wie hast Du zu Deiner Berufung gefunden?
Thomas Schwegler: Ich studierte Betriebswirtschaft in Winterthur. Ich habe mich bereits vor dem Studium, für Schwellenländer und Drittweltländer interessiert. Das Thema Gerechtigkeit fand ich immer spannend.
Nach dem Studium begann ich nicht wie die meisten meiner Klasse eine typische Bank- oder Versicherungskarriere, sondern ging nach Ecuador für AIESEC (Internationale Studierendenorganisation). Ich unterrichtete in einer kleinen Küstenstadt Englisch und Marketing.
Durch meinen Aufenthalt in Ecuador hat sich mein Interesse an Südamerika entwickelt. Ich habe vor Ort kleinere Hilfs-/Spendenprojekte durchgeführt. Ich lernte dabei viel – gerade weil es oft nicht so herauskam wie ich es mir vorstellte.
Im 2002 kam ich in die Schweiz zurück und arbeitete im Key Account Management für grosse Konzerne. Dabei wusste ich, dass ich gerne wieder etwas mit Lateinamerika machen möchte.
Ab 2005 arbeitete ich in Bolivien für eine Nichtregierungsorganisation und entdeckte als 30-jähriger das Kaffeegeschäft. Ich war für eine Kooperative zuständig, welche Kaffee produzierte und entwickelte meine Passion zu Kaffee.
Abbildung: Pablo ist einer der erfahrensten Kaffeebauern bei Tropical Mountains. Die Kaffeekirschen sind Handgepflückt.
Fabian: Als Sohn eines Tierarztes habe ich viele Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz gesehen und beim Wort «Bauer» denke ich jeweils an Tiere, Weizen, Gemüse und Früchte – wie kommt man dazu, KaffeeBAUER und Kaffeehändler zu werden?
Thomas: Das war nicht geplant. Wie es halt so ist – Sachen ergeben sich. In Bolivien habe ich festgestellt, «Hey, ich habe hier ein Traumjob entdeckt». Ich habe schon als 16-jähriger gerne gehandelt.
«Ich brauche etwas, das mir Sinn gibt»
Gleichzeitig, abgesehen vom Händler-Gen, brauche ich etwas, das mir Sinn gibt. In Bolivien habe ich festgestellt, dass ein grosser Bedarf besteht für meine Fähigkeiten.
Andere Kaffeekooperativen haben mitgekriegt, dass ein «Gringo» einer Kooperative geholfen hat, einen ersten Container nach Kanada zu verschiffen. Das hat sich herumgesprochen und ich habe mich selbständig gemacht. Plötzlich konnte ich alles tun, was mir Spass macht.
Ich handelte mit Kaffee. Ich war in den USA, England und der Schweiz an grossen Kaffeemessen. In Kolumbien, Brasilien, Peru und Mexiko besuchte ich Kaffeebauern.
2006 verlegte ich meine Geschäftsbasis nach Peru. Einerseits, weil das Land viel grösser ist als Bolivien und mehr Möglichkeiten bietet und andererseits weil es viele Kleinbauern hat, wo man viel bewirken kann.
In Peru habe ich 2008 Gisella kennengelernt, meine Geschäftspartnerin und Frau. Nochmals einige Jahre später haben wir dann die Idee entwickelt, selbst Kaffee anzubauen. Meine Frau hat mich gefragt: «Warum baust du nicht selbst Kaffee an?»
«Wir kaufen nun nicht einfach irgendwo Rohkaffee ein,
sondern produzieren ihn selbst.»
Nach einigem Hin- und Her und vielem Nachdenken starteten wir. Das brauchte ein wenig Mut, vielleicht auch etwas Naivität. Wir haben zu Beginn schwierige Zeiten durchgemacht, aber es hat sich gelohnt. Wir decken jetzt die ganze Wertschöpfungskette ab und kaufen nicht einfach irgendwo Rohkaffee ein. So wurden wir von Händlern zu Kaffeebauern.
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Fabian: Wem gehören die Kaffee-Plantagen? Einer Kooperative? Den Bauern selbst?
Meine Frau und ich haben Land gekauft. Es macht in unserer Situation mehr Sinn eine eigene Farm aufzubauen, weil wir nicht permanent in Peru vor Ort leben. Im Gegensatz zum Modell der Kooperative entscheiden wir selbst über alle Aspekte des Betriebs.
Wir arbeiten mit unseren Nachbarn zusammen und unterstützen uns gegenseitig. Das widerspiegelt sich direkt in unseren Produkten:
- der «Single-Farm-Kaffee» stammt ausschliesslich von unserem Betrieb,
- der «Community-Kaffee» enthält Kaffee aus unserer Nachbarschaft und der Region.
Mit dem «Community-Kaffee» erzielen wir einen grösseren Impact in der ganzen Region. Wir zahlen den Kaffeebauern einen guten, fairen Preis.
Nachhaltig vom Strauss bis in die Tasse
Fabian: Nachhaltigkeit und fairer Handel sind zentrale Aspekte Eures Unternehmens. Was sind die Beweggründe und was macht Ihr anders?
Thomas: Ja, das ist richtig. Wir ziehen das durch bis zur Verpackung. Das Bestreben zu mehr Nachhaltigkeit hört auch nie auf. Man kann sich permanent verbessern.
«Gerade die Bio-Zertifizierung ist sehr anspruchsvoll und sehr streng.
Das war für uns aber der einzig richtige Weg.»
Gerade die Bio-Zertifizierung ist sehr anspruchsvoll und sehr streng. Das war für uns aber der einzig richtige Weg.
Sehr viel haben wir auf Konsumentenseite gemacht. Etwa mit kompostierbaren Kapseln, bei welchen wir umstellen von industriell-kompostierbar auf home-compostable.
Wir sind zudem klimaneutral bei den Kapseln und bald auch bei den Bohnen, indem wir ein Projekt für saubere Koch-Öfen in Peru unterstützen. Wir wollen in Peru noch mehr investieren, beispielsweise in Mitarbeiter-Bungalows oder in das Farmhaus – auch dort braucht es mittelfristig noch nachhaltigere Strukturen.
Fabian: Die Kaffeebranche hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen spannenden Wandel durchlebt. Ein Wandel, der auch von Innovation und Trends geprägt ist?
Wir sehen folgende Trends:
- Aus Melbourne und Kalifornien kommt der Trend hin zu helleren Röstungen
- Immer mehr Menschen sind bereit, für guten Kaffee, Specialty-Röstungen mit über 80-Punkten, Geld auszugeben
- Bio-Kaffee
- Direkt gehandelte Kaffees
«Sehr viele Menschen schätzen es, zu wissen, woher ihr Kaffee kommt.»
Viele Menschen schätzen es, zu wissen, woher ihr Kaffee kommt. Bei Kaffee von Grossanbietern steht auf der Verpackung oft nicht, woher der Kaffee stammt. Da hat sich einiges verändert und zeigt uns auch, dass wir uns richtig entschieden haben, mit konsequenter Nachhaltigkeit und Transparenz.
Fabian: Wie adaptiert Ihr diese Trends und Innovationen?
Wir gehen nicht einfach den billigsten Weg, indem wir Karton verwenden, wo wir grössere Margen hätten, sondern die besten Verpackungen, die man kompostieren kann. Und natürlich die Bio-Zertifizierung, die zu einem Rückgang der Kaffee-Produktion führt. Aber es kommt zurück, die Leute schätzen das, die Leute kaufen es und finden die Preise auch in Ordnung.
Trotzdem ist natürlich nach wie vor ein Grossteil «Mainstream-Kaffee» – das ist auch Realität. Fünf bis sechs grosse Player decken dabei den Massenmarkt ab, bei welchem es primär um den billigen Preis geht. Doch die Nische, in welcher wir drin sind, die wächst und das ist das Schöne daran.
Fabian: Wie hat sich die Pandemie auf die Kaffeebauern, Euch und Euer Unternehmen ausgewirkt? Was hat sich geändert?
Thomas: In Peru war es schwieriger Erntehelfer zu finden, weil diese in ihren Dörfern blieben. Oft kommen diese von weit her, machen dann ihre Runden in den Kaffeeregionen. In Lima gab es eine Sperrstunde, die viel strenger war als bei uns in der Schweiz. Als Landwirtschaftsbetrieb hatten wir glücklicherweise eine Spezialbewilligung und konnten uns frei bewegen zwischen unserer Farm und der Hauptstadt Lima.
Die grösste Herausforderung für uns sind die rasant angestiegenen Logistikosten. Wir zahlen für Folien, für die Behälter und Container mehr – eigentlich müsste ich mit den Preisen unseres Endproduktes hoch. Diese Zusatzkosten werden wir jedoch vorerst selbst tragen.
Abbildung: Lennin Torrez und ihre Tochter Yarita. Ihr Mann ist Kaffeebauer im Dorf.
Fabian: Was sind euere Zukunftspläne?
Thomas: Wir wollen innovativ bleiben, Produkte anbieten, die der Markt will und so stetig wachsen.
Beispiele dafür:
- Wir werden nächstes Jahr Cascara, unseren Coffee-Cherry-Eistee, den wir soeben lanciert haben, mehr pushen.
- Wir wollen kompostierbare Pads für das Nespresso-Professionals-System herstellen. Soweit ich weiss, wären wir die Ersten in der Schweiz, welche dies anbieten würden.
Weiter möchten wir, neben der Schweiz, auch in Nord- und Westeuropa Fuss fassen. Wir sind in Gesprächen mit Distributoren in Grossbritannien und Frankreich.
Von der Kaffeeernte bis zur Finanzierung – ein Gemeinschaftsprojekt
Fabian: Was hat Dich dazu bewogen, eine Finanzierung mit der Community und mit KMU Crowdlending zu organisieren?
Thomas: Crowdfunding habe ich bereits gekannt von Kickstarter. Hingegen kannte ich KMU Crowdlending als Finanzierungsmöglichkeit nicht. Ein Kollege hat mir von swisspeers erzählt. Da habe ich mir das angeschaut und dachte mir «Hey, das ist eine coole Sache».
Fabian: Wozu benötigt Ihr eine Fremdkapitalfinanzierung?
Mit dem Crowdlending KMU Kredit investieren wir in folgende Bereiche:
- in ein neues ERP-System, um das Wachstum besser handhaben zu können,
- in einen neuen Online Shop. Bedingt durch Corona sind die Online-Einkäufe stark angestiegen. Ein neues System erlaubt es uns flexibler zu sein und das Online-Potential voll auszuschöpfen,
- zudem ermöglicht uns die Finanzierung grössere Warenvorfinanzierungen vorzunehmen.
Hier geht es zur swisspeers Kreditauktion von Tropical Mountains.
Fabian: Was macht einen guten Kaffee aus und wie sollte er Deiner Meinung nach getrunken werden?
Thomas: Das ist schwierig. Das ist ein riesiges Gebiet – ein Röster würde dir da eine völlig andere Antwort geben als der Barista oder der Kaffeehändler. Es gibt tausende von Zubereitungsarten. Es gibt aber kein richtig oder falsch, Geschmäcker sind unterschiedlich.
Klar gibt es objektive Kriterien, was einen guten Kaffee ausmacht. Trotzdem, wenn du nach Nordeuropa gehst, dann findest du sehr säurehaltigen Kaffee mit sehr heller Röstung. Ein Italiener würde sagen «Was ist das, ist das ein Tee?» und das ist das spannende, dass es so unterschiedliche Geschmäcker und Auffassungen gibt zum perfekten Kaffee - und das soll auch so sein.
Fabian: Vielen Dank für Deine Einblicke in Euer Unternehmen und weiterhin viel Erfolg!
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