adretto: kleiner Kleiderschrank, grosser Auftritt
Alwin Meyer: Was macht ihr und wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Lorenz Pöhlmann: Wir betreiben einen Online-Mietservice für Anzüge und Accessoires für Hochzeiten, Bälle, Bewerbungsgespräche Beerdigungen etc. in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
80% der Männer tragen nur ein- bis zweimal pro Jahr einen Anzug. Für sie macht es wenig Sinn einen zu kaufen. Darüber hinaus kennen die meisten ihre Anzugsgrösse nicht. Unser Algorithmus hilft ihnen mit wenigen Angaben auf unserer Online-Plattform in wenigen Minuten ein perfekt sitzendes, komplettes Outfit zu mieten.
Wir schicken dem Kunden das Outfit rund 10 Tage vor der Veranstaltung, damit er es bequem zu Hause anprobieren kann. Nach der Veranstaltung sendet er es einfach ungereinigt zurück. Ein unkomplizierter Full-Service für die Männer von heute.
Komplette Anzüge oder selbst zusammengestellte Anzüge sind in wenigen Minuten online gemietet. Die adretto Algorithmen für die Ausmessung der Kunden sorgen von Anfang an für einen perfekten Fit.
Wie das Kind zur Jungfrau: Lorenz zu adretto
Alwin: Lorenz was ist Dein Werdegang und wie bis Du auf die Idee für einen Online-Mietservice für Anzüge und Accessoires gekommen?
Lorenz: Ich bin ursprünglich Wirtschaftsingenieur, habe fünf Jahre in einer Unternehmens-beratung gearbeitet und durfte dann für ein deutsches Softwareunternehmen den Schweizer Markt aufbauen. Später bin ich über ein Tech-Startup mit der ganzen Startup-Welt in Berührung gekommen. Der Gedanke selbst etwas zu machen, liess mich danach nichtmehr los. Und dann ist mir das Thema über den Weg gelaufen.
Und das kam so: Ich habe mich als Trauzeuge einspannen lassen und dann festgestellt, dass ich keine passende Garderobe hatte. Also verbrachte ich einen heissen Sommertag damit, Anzug und Accessoires zu kaufen. Ich kam nach einem langen Einkaufstag nach Hause, sozusagen einen Tag an Zeit verloren und um einiges ärmer, mit einem Outfit, das ich vielleicht einmal tragen werde. Aus meiner eigenen Not heraus entstand die Idee, einen Miet-Service für festliche Kleidung zu gründen.
Alwin: Grossartig! Wie kam es von der Idee zur Umsetzung, wie bist Du gestartet?
Lorenz: Wir haben zunächst eine einfache Website erstellt, um zu testen, ob es eine Nachfrage gibt. Und die gab es! Zuerst haben wir bei Bestellung die Outfits selbst eingekauft und verschickt. Heute lassen wir die Anzüge selbst herstellen und verfügen über ein Lager mit Anzugsmassen wie sie effektiv nachgefragt werden.
Einer für alle, alle für einen – mit diesem Spirit geht das adretto Team mit Vollgas in die Zukunft.
Alwin: Da nähern wir uns dem Kern von Eurem Geschäftsmodell! Was ist die "Secret Sauce" von adretto, Eure USPs?
Lorenz: Was uns einmalig macht ist die Einfachheit für den Kunden, ein komplettes Outfit an einem Ort online zu bestellen. Hinzu kommt unsere Softwareplattform und insbesondere die Algorithmen für die Ausmessung der Kunden für einen perfekten Fit. Die gesammelten Daten zu Anzugsgrössen werden über die Zeit wohl auch immer wertvoller werden. Weiter gehört auch die Logistik zu unseren Stärken. Standard Online-Plattformen sind für den Verkauf ausgebaut, nicht aber für die Vermietung. Wir mussten dafür ein ERP ausbauen.
Exponentielle Wachstum dank dem Wagnis 'Höhle der Löwen'
Alwin: Ihr seid seit Eurem Start gewaltig gewachsen. Wie habt ihr Euer exponentielles Wachstum hingekriegt?
Lorenz: Wir sind lange organisch und aus eigenen Mitteln gewachsen. Den richtigen Kicker gab uns der Auftritt in der Höhle der Löwen 2021. Einerseits haben wir damit Bekanntheit erlangt und andererseits investierten zwei der Löwen bei uns. Das gibt uns die Möglichkeit mehr in Marketing, Website und Anzüge zu investieren und das Wachstum massiv zu beschleunigen.
adretto heiss begehrt bei "Die Höhle der Löwen Schweiz"
(Video-Quelle: https://www.youtube.com/@adrettocom)
Alwin: Wie generiert ihr Nachfrage für Euren Service?
Lorenz: Wir starteten damals mit CHF 5.- Google Ads pro Tag. Da das Thema nicht besetzt war, gestalteten sich die Ad-Preise günstig und wir haben mit beschränktem Budget bereits schönen Traffic generiert.
Seit der Finanzierungsrunde machen wir konsequent Online-Marketing, sprich Social Media, Influencer-Kooperationen, GoogleAds, SEO - wir bespielen also die klassischen und relevanten E-Commerce Kanäle. Google bleibt nach wie vor der Topkunden-Bringer. Allerdings finden bereits ca. 20% der Schweizer Neukunden über Weiterempfehlungen zu uns. Als Online-Business sind die Online-Kanäle für uns mit Abstand die wichtigsten. Dennoch kommen rund 15% bei uns in Rotkreuz vorbei für eine Anprobe.
Mit ihrem Online-Konzept sicherte sich adretto den ersten Platz beim Digital Commerce Award 2023 in den Kategorien «Fashion & Accessoires» und «Abo- & Mietmodelle».
Mission Schweiz, Deutschland - Europa
Alwin: Was sind Eure nächsten Ziele?
Lorenz: Unser Ziel war von Beginn weg mit dem Modell ganz Europa zu bedienen, weil die Schweiz für unser Geschäftsmodell einen limitierten Markt bietet. Die grössten Anzugsmärkte sind England, Frankreich und Deutschland. Mit unserer Expansion nach Deutschland wollen wir beweisen, dass wir in einem der Top drei Märkte funktionieren und Fuss fassen können.
Alwin: Wann seid ihr nach Deutschland expandiert und wie liefs an?
Lorenz: Wir brachten unseren Service 2023 in Deutschland live. Das lief sensationell an und innert wenigen Monaten haben wir die Schweiz bereits überholt. Wir machen alles aus der Schweiz heraus bis auf eine Mitarbeiterin, die in Hannover Versand, Lager und Reinigung organisiert. Es ist gigantisch, wie Deutschland abgeht obwohl wir dort weder einen Höhle der Löwen-Event noch die gleiche Presse-Abdeckung haben. Der Deutsche scheint noch besser zu unserem Modell zu passen.
Alwin: Ihr habt eine Finanzierung bei uns beantragt und seid eine Eigenkapitalrunde am Abschliessen. Wie seid ihr auf uns gestossen?
Aktuell auf der swisspeers Plattform: Kreditprojekt von adretto
Lorenz: Auch das swisspeers Darlehen soll genutzt werden, um Deutschland zu pushen. Wir wollen damit das Umlaufvermögen stärken und insbesondere Anzüge finanzieren.
Es macht nicht so viel Sinn das Umlaufvermögen mit Eigenkapital zu finanzieren. So hat einer unserer Verwaltungsräte gemeint, wir sollen nach Alternativen Ausschau halten und hat uns auf Lending Plattformen aufmerksam gemacht.
Den Eigenkapitalteil der Finanzierung setzten wir für die Expansion ein, also primär fürs Marketing. Wir sind voll auf Kurs, um 2025 mit unserer Firma Break-even zu gehen.
Alwin: Herzlichen Dank für die spannenden Einblicke Lorenz und viel Erfolg mit der Finanzierungsrunde!